Muttertag

von chaotisch_aber_liebenswert

Die kleine Hexe saß gemütlich beim dritten Nachmittags-Kakao, diesmal gespickt  mit Marshmallows, und blätterte verträumt mit der Nase tief versunken im alten Hexenbuch. Neben ihr stand eine kleine Vase mit einem Gänseblümchen, das sich einfach nicht in eine fleischfressende Pflanze verwandeln wollte. 

„Manno, warum klappt das denn nicht, jammerte die kleine Hexe, ach, so ne doofe fleischfressende Pflanze brauch doch eh keiner!“, sie ließ mit einem kleinen Rumps ihre Stirn neben den Hexenbuch auf den Tisch fallen. „Aua“, jaulte sie und fluchte etwas  unverständliches Richtung Tischplatte.

Charls, ihr Chamäleon, streckte sich, erhob sich von seinem sonnendurchfluteten Platz zwischen Hexenkraut und einigen glitzernden Steinen von der Fensterbank und gähnte herzhaft. „Genau da liegt das Problem meine kleine Hexe“, sprach er, „wie soll das denn auch funktionieren wenn du nicht von dem Spruch überzeugt bist? Ein bisschen mehr Elan und Willenskraft, die richtigen Worte.” Die Betonung lag ganz klar auf dem Wort „richtigen“, da die kleine Hexe dazu neigte, auch nur die kleinste Kleinigkeit so durcheinander zu bringen, dass womöglich aus dem Gänseblümchen eine Gans wurde. (Gisela kam schon öfter zum Vorschein als ihr lieb war).

„Aber wozu soll denn so ne Olle fleischfressende Pflanze gut sein?“, antwortete die kleine Hexe trotzig. „Die brauch doch kein Mensch, ähhh Hexe, ääähhh, Teufel, ähhh Chamäleon! Der Lärm ist schuld, bei diesem Krach kann sich auch niemand konzentrieren!”

„Der Förster Schreddert wieder irgendwas im Wald“, sagte Axel das Axolotl und verdrehte seine Augen.

Ein lautes krachen ertönte und scheppern ertönte nun in regelmäßigen Abständen.

„Er nimmt wieder die Axt. Lernt er denn nie dazu?“ Diesmal verdrehte Charls die Augen und fügt hinzu: „Kleine Hexe, was hast du denn diesmal in der Kiste versteckt?“ 

Die kleine Hexe kicherte in sich hinein.

Als sie gerade zu einer Antwort ansetzten wollte, rumpelte es auf dem Dach, dann im Kamin und Plumps saß ein rußverschmierter kleiner Teufel in der Küche der kleinen Hexe, nieste und eine kleine Asche Wolke stieg empor und tanzte im Licht der nachmittagssonne.

„Luz“, rief die kleine Hexe und hüpfte zu dem kleinen Teufel hinüber um ihm ein Taschentuch zu reichen: „schön dich zu sehen. Dich hab ich ja heute gar nicht erwartet. Wolltest du nicht irgendwas zu diesem „Muttertag“ vorbereiten?“

Was ihr wissen müsst, der kleine Teufel liebte es den Menschen eine Freude zu machen und Muttertag, war so eine Art innere Passion des kleinen Teufels. 

Endlich kam Luz auch mal zu Wort. „Ja, kleine Hexe, das war mein Plan. Aber irgendwer ist mir zuvor gekommen und da stimmt etwas ganz und gar nicht! Als ich gerade meine Route geplant hab, ich hab dich natürlich als Unterstützung eingeplant, habe ich gesehen, wie ein Paketwagen an jedem Haus gehalten und ein Paket abgestellt hat.“

„Wie, Pakete abgestellt? Was für Pakete denn?“, sagte die kleine Hexe entsetzt.

„Ja so rosafarbene Herzschachteln, mit einer Karte“, er zog so eine Schachtel unter seinem Hemd hervor und legte sie auf den Küchentisch.

Vorsichtig zog er die Karte unter dem Geschenkband hervor, öffnete sie und las laut vor: „Für die allerlibste und tolste Mämi“

„Mmhhhhh….“, die kleine Hexe schlich etwas näher heran und betrachtete mit in falten gelegter Stirn die Karte.

„Da stimmt was nicht“, murmelte sie.
„Ja ganz und gar nicht!“, pflichtete Luz ihr bei.

Schweigend starrten sie die Karte und das Herz an.

Hannelore, die kleine Kakerlake von Luz und seine Vertraute, krabbelte aus seinem Hemdsärmel, setzte sich auf seine Schulter um einen besseren Überblick zu haben und schaute auch auf die Karte.

Oh man…. Dachte sich Hannelore, mal gucken wie lange sie brauchen um endlich zu sehen, was an der Karte faul ist. Wenn ich doch nur reden könnte, wie Axel und Charls. Ahhh, jetzt endlich, noch ein Stück, noch ein Stück, ja lesen, Buchstabe für Buchstabe.

Ich krallte mich etwas mit meinen Widerhaken im Stoff des Hemdes fest, damit ich nicht von der Schulter purzelte als die kleine Hexe und Luz sich gegen die Stirn schlugen.

Endlich war auch ihnen aufgefallen, dass die Worte „allerlibste und tolste Mämi“ falsch geschrieben war. 

Na endlich.

Ich wusste sofort, dass da nur eine dahinter stecken konnte, doch ich ließ den beiden noch ein bisschen Zeit bevor ich ihnen, mit den Möglichkeiten die mir blieben. Einen Tipp geben würde, der schließlich zur Erkenntnis führt. Ich machte mich bereit, mit meinen kleinen Kakerlakenbeinen den Tipp in Zucker zu schreiben.

„Diese bösartige Hippe-Tante!“
„Diese schrumpelige Kuh!“
Luz und die kleine Hexe fluchten was das Zeug hielt. Dabei wurden sie so kreativ, dass sie hätten ganze Bücher damit füllen können.

Gefühlt eine Ewigkeit später hüpfte ich von Luz Schulter und rannte im Kreis um die Schachtel, um die Aufmerksamkeit der Beiden wieder auf das wesentliche zu lenken. Das Paket und die mögliche Absicht die dahinter stecken könnte.

„Hannelore hat recht“, rief Luz: „wir müssen was unternehmen! Es kann nichts Gutes heißen, wenn die Menschen die Pakete öffnen!“

„Wann ist eigentlich Muttertag?“, fragte Axel (das Axolotl aus seinem Aquarium)

„Morgen“, antwortete Charls gelassen wie immer.

Luz und die kleine Hexe erstarrten.

Ich hüpfte vom Tisch auf die Standuhr, schaukelte eine Runde auf dem Pendel und die Glocke begann zu Schlag … 1x …. 2x…. 3x….. 4x … und noch drei weitere Male.

19.00 Uhr

Der Abend dämmerte und es begann sich langsam der Himmel zu verdunkeln um die Nacht zu begrüßen.

Starr vor Schreck schauten sich die beiden an und ich krabbelte zufrieden zurück auf den Tisch. Endlich hatten sie meine Botschaft verstanden, dass ihnen die Zeit davon lief.

Die kleine Hexe und Luz stecken die Köpfe zusammen und berieten sich. Ich krabbelte zurück auf Luz Schulter um die beiden besser verstehen zu können.

Ich schaute nochmal gedankenverloren in die Richtung des Paketes. Ich erstarrte. War das nicht…. nein… könnte es nicht … nein.. oder doch … Moment mal… jetzt! Endlich machten meine Gedanken einen Sinn. Die Schrift! Ich kenne die Schrift! 

„Ich laufe alleine nach Hause wenn das nicht die Schrift von Friedelmine Köttelbaum ist!“, dachte ich, weil, ich war mir 1666% sicher. Moment … dieser Geruch…. der kommt kommt mir leider auch sehr bekannt vor…. dieser schwüle , ranzige , leicht abgestandene und muffige …. nein! Oh diese schrumpeligen alten Kratzbürsten! Natürlich! Wo Friedeline Köttelbaum ist kann Gurundel Schnarkenbein nicht weit sein.

Während der Jungteufel und die Junghexe immer noch heiß diskutierten überlegte ich, wie ich meine Erkenntnisse ihnen denn nun mitteilen könnte….. die Zuckerdose stand nicht auf dem Tisch…. ein Tintenfass war auch nicht zu sehen…. dann bleibt mir nur noch der Rest von der heißen Schokolade.

Ich krabbelte hoch zu Luz Ohr und hängte mich an sein Ohrläppchen. Das war unser vereinbartes Zeichen dafür, wenn ich ihm dringend etwas mitteilen musste.

„Kleine Hexe warte kurz“, sprach Luz: „Hannelore möchte uns etwas sagen.“

Verwundert zog die kleine Hexe die Augenbrauen hoch, machte aber den Tisch frei und überließ mir die Tischplatte. Dann mal los.

In Windeseile hüpfte ich auf den Tisch, tauchte die Spitzen meiner Beinchen in die letzten Tropfen, der nun nicht mehr heißen Schokolade und rannte, die Buchstaben dabei formend, über dem Tisch.

Als ich fertig war blickte ich in starre und entsetzte Augen. Hihi das letzte Mal habe ich die beiden so gesehen, als sie in den Axolotl Dreck getreten sind, den Charls und ich den Beiden in die…. naja egal . Hihihihi. Ich hielt mir wegen den Gedanken, an die Situation mit den Beinen, meine Schalenunterseite und kreiselte ne Runde über den Tisch.

„Immerhin hat Hannelore Spaß“, bemerkte Charls trocken und die Junghexe und der Jungteufel starrten nun erschrocken, erst zu mir dann zu Charls und dann wieder zu mir.

„Wir sind geliefert“, resigniert ließ der kleine Teufel seine Schultern hängen. Die kleine Hexe tätschelte ihm die Schulter und sagte: „Warum? Hattest du nicht schon eine Route?“

„Doch, aber wozu brauchen wir die jetzt noch?“ Mutlos seufzte Luz während man in den Augen der kleinen Hexe ein feuriges Blitzen auflodern sah.

„Prima, dann gehen alle nochmal für kleine Grottenolme und dann kann es ja los gehen.“

 Luz hob den Kopf:  „Was losgehen?“ 

„Na die ‘Wir sammeln diese, nichts gutes ahnen lassende, Hexenpost von Gurundel Schnarkenbein und Friedelmine Köttelbaum ein Aktion’ und tauschen sie gegen…“ 

„Die funkelnden Sternenröschen die hinter dem kleinen Hexenhäuschen stehen und genau morgen früh ihre zauberhafte Blüte öffnen ein?“, vervollständigte Charls den Satz.

„Fantastische Idee“, jubelte die kleine Hexe und auch Axel war von der Idee begeistert und das Axolotl grinste gleich doppelt so breit wie sonst.

Ich nickte zufrieden trudelte zu Ende und ich schleppte mich vom Schwindel übermannt zu Luz, der mich behutsam in seinen Ärmel schon. Gut, dass Kakerlaken nicht kotzen können… das hätte eine üble Sauerei gegeben.. Sie hatten also den Ernst der Lage erkannt. Nun konnte ja eigentlich nicht mehr viel schief gehen.

Ok… ihr habt recht…. es kann noch einiges schief gehen…. 

Ich fasse die nächsten Ereignisse kurz für euch zusammen.

Zuerst hielten sie es für eine grandiose Idee, die Pakete herbei zu hexen, entschieden sich dann aber dagegen, weil ja niemand wissen kann, ob die Pakete verzaubert wurden und die beiden schrabbel Tanten, dann davon Wind bekommen würden. Dann überlegten sie, ob es nicht einfacher wäre uns! Ja uns Gefährten auf einen Besen zu setzen um die Pakete unschädlich zu machen. Aber bevor ich nur mein Köpfchen aus dem Ärmel stecken konnte, spuckte Axel beiden eine Ladung Wasser ins Gesicht. Er war wohl ganz meiner Meinung.

Also schnappten sie sich ihre Besen und wir, die kleine Hexe mit Charls und Luz und meiner Wenigkeit, Axel hielt wie immer die Stellung im Hexenhäuschen, flogen das ganze Dorf ab und sammelten alle schauderhaften Präsente ein und legten stattdessen ein Sträußchen dieser zauberhaften kleinen Blümchen auf die Plätze, wo die Herzschachteln lagen.

Auf dem Rückweg dekorierten wir den Zaun der tief und fest schlafenden und laut schnarchenden Hexen-WG von Gurundel Schnarkenbein und Friedelmine Köttelbaum, mit den Paketen und um Punkt 23.57 Uhr kamen wir schlitternd vor dem Haus der kleinen Hexe zum Stehen.

Um 23.59 waren wir im inneren, alle Eingänge, Fenster und Türen waren verrammelt und alle atmeten tief durch.

Ende gut, alles gut.

Luz und ich übernachteten bei der kleinen Hexe und wir kuschelten uns alle vor dem warmen Ofen zusammen.

Ach ja, die Schachtel, die bei der kleinen Hexe noch gestanden hatte, hing natürlich auch am Zaun von der Hexen Wg von Gurundel Schnarkenbein und Friedelmine Köttelbaum.

Ende 

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