Weihnachtsgeschenk
Text von Wandelndetote
Bild von Pexels Brett Sayles
CN: Vernachlässigung, Kindsmord
Es war jedes Jahr das gleiche. Wir saßen unter dem Weihnachtsbaum, unsere Eltern machten es sich auf dem alten roten Sofa bequem. Doch dieses mal war etwas anders. Ich saß vorne und packte meine Geschenke aus, darunter waren ein Kuscheltier in Form einer Katze, Malstifte, Malblock und Wasserfarben. Außerdem bekam ich eine Schaufel, ja richtig ich bekam eine große Schaufel, eine die man im Garten benutzte.
Meine Schwester bekam fast das Gleiche, nur war ihr Kuscheltier ein blaues Faultier und auch sie hatte ein merkwürdiges fünftes Geschenk. Es war rot und sah aus wie ein Karnister. Dieser Karnister roch merkwürdig, doch da fiel mir wieder ein woher ich den Geruch kannte. Er war immer da, wenn Papa tanken fuhr. Aber warum bekam sie Benzin zu Weihnachten?
Wir schauten uns verwirrt an, dann sahen wir hinüber zu unserem Bruder. Dieser bekam eine Elektrische Eisenbahn, auch Malstifte, Block, ein Kuscheltier in Form eines kunterbunten Frosches. Und auch er bekam ein komisches fünftes Geschenk. Als erstes dachten wir, dass es Geschenke für unsere Eltern gewesen wären, doch als wir sie fragend ansahen schüttelten sie nur die Köpfe. Erst jetzt merkte ich, wie gruselig eingemeißelt das Lächeln unserer Eltern war. Doch ich ließ mir nichts anmerken und drehte mich wieder zu meinen Geschwistern um.
Einige Wochen später hatten wir das merkwürdige Weihnachtsfest schon fast vergessen und spielten ausgelassen im Hof. Ein paar Tage später fing der Kindergarten wieder an, leider hatte die Kita, in der ich war, keine Plätze mehr frei gehabt und meine Schwester und mein Bruder wurden in einem anderen Kindergarten untergebracht. Ich freute mich schon, denn im nächsten Jahr würden wir alle Drei zusammen auf die gleiche Schule kommen. Wir hatten tolle Ostern und auch Pfingsten. Je näher wir dem nächsten Weihnachtsfest rückten, bemerkten wir, wie unruhig unsere Eltern wurden. Wenn wir sie fragten, bekamen wir keine Antwort. Es war eine tolle September-Nacht, da wurde ich aus meinem ruhigen Schlaf gerissen. Ich verstand nicht und lief verwirrt die Treppen runter, durch die Eingangshalle des Hauses und in den Garten. Ich konnte nicht weiter laufen, mir zog es den Boden unter den Füßen weg. Ich sackte zusammen und auf meine Kniee, starrte hin auf das mir sich ergebende Bild.
Meine Mutter panisch laut schreiend, während meine Schwester lichterloh brennend und mit Schmerzensschreien durch den Garten rannte und sich in das Gras fallen ließ in letzter Hoffnung, die Flammen los zu werden. Doch das Feuer blieb starrsinnig an ihr kleben, leider hatten wir auch keinen Teich oder Pool in den sie hätte flüchten können.
Plötzlich tauchte Papa hinter mir auf, ich schrie auf als ich mich erschreckte und flehte ihn dann heulend an, er möge doch etwas tun. Er rührte sich nicht, ging auf die Kniee und umarmte mich fest. Da merkte ich, dass das gar nicht Papa war, dieser Mann roch anders, seine Arme waren zu stark und das schlimmste, er roch nach Benzin. Papa roch nie nach Benzin nach dem Tanken und er trug immer ein gutes Parfüm drauf. Ich wand mich aus seinen Armen heraus und drehte mich um.
Die Schreie meiner lieben Schwester wurden immer spitzer und danach leiser. Ich musste mit ansehen, wie sie sich ein letztes Mal aufbäumte und dann still und regungslos da lag. Panisch entriss ich mich dem fremden Mann seinen Armen und rannte auf meine Mama zu. Als ich kurz vor der Leiche meiner Schwester ankam, blieb ich stehen. Was wenn diese Frau da drüben ebenfalls nicht meine Mama war ? Auch wenn mir speiübel von dem Geruch von verbranntem Fleisch war, warf ich mich über die Leiche meiner Schwester und schrie mir die Seele aus dem Leib.
Die nächsten Monate waren schwer und in Trauer, Mama hatte ich bis dahin immer noch nicht darauf angesprochen. Allerdings schien auch sie gemerkt zu haben, dass das nicht Papa war, denn ihr stand die Angst in die Augen geschrieben.