Back too School

Ein Text von: Phalinea

Mathilda hatte schlechte Laune, die Sommerferien waren viel zu schnell vorbei und es hatte die ganze Zeit geregnet. Morgen würde die Schule wieder beginnen und der Sommer war pünktlich dazu zurückgekehrt.
Dabei hatte sie sich so viel von diesen Ferien versprochen… Endlich wieder an den See und die Sonne genießen. Endlich wieder den Geruch von See, Strand, Kiosk und Sonnencreme einatmen. Dieses Gemisch an Aromen war für sie der unwiderrufliche Beweis dafür, dass der Sommer endlich Einzug hält. Sie liebte es so sehr von ihrer kleinen schützenden Insel aus buntgestreiftem Frottee, die Menschen in dem kühlen Nass zu beobachten. Menschen, die entspannten. Paare, die zueinanderfanden. Kinder die ihre Schwimmversuche starteten. Jugendliche, die sich gegenseitig im Wasser jagten.
Sie liebte es so sehr zuzusehen, wie sich auf der Wasseroberfläche eine kleine, ölige Spur bildete, die in allen Farben des Lichtes schimmerte, sobald sie zum ersten Mal nach dem Sonnenbad das Wasser betrat und einen Teil der schützenden Schicht verlor.
Sie liebte es so sehr ihre Haut von der Sonne wärmen zu lassen, nachdem sie ein paar Bahnen in dem frischen Wasser geschwommen war und nun versucht die Gänsehaut abzuschütteln.
Doch all das war ihr in diesen Ferien nicht vergönnt… Sie fand sich damit ab, dass sie sich andere Aufgaben für diesen Sommer suchen musste. Sie setzte sich in den Kopf, dass sie Geld sparen will, damit sie nächsten Sommer auf jeden Fall in die Sonne fahren kann.
Aber sie wusste nicht so recht, wie sie ihr dürftiges Taschengeld aufbessern kann. Da kam ihr eine Idee. Ihre Nachbarin Frau Honig braucht bestimmt Unterstützung im Garten, dachte sie sich. Frau Honig war schon etwas älter und nicht mehr so gut zu Fuß, wie Mama immer sagte…
Also nahm Mathilda ihren Mut zusammen und fragte bei Frau Honig nach Arbeit. Die ältere Dame war sehr froh über den Vorschlag des Mädchens und willigte ein.
Am nächsten Vormittag borgte sich Mathilda den Rasenmäher ihres Vaters und trottete mit dem Gefährt auf das angrenzende Grundstück und fing an ihre Arbeit vorzubereiten…
Während sie dort werkelte, bemerkte sie in etwas Entfernung eine Bewegung auf der Terrasse von Frau Honig. Sie drehte sich herum, um die Frau zu begrüßen, doch sie erschrak ein wenig.. Die Person auf der Terrasse war nicht Frau Honig, denn sie war deutlich jünger. Ein ähnliches Alter wie Mathilda selbst, schätzte sie. Sie sah eine anmutige, beinahe elfengleiche Gestalt mit alabasterfarbener Haut. Diese Person drehte sich zu ihr und sie blickte in die schönsten Augen, die sie je gesehen hatte… Ein wärmender Blick aus haselnussbraunen Augen empfing sie und es war um sie geschehen. Einen kleinen Moment lang, vielleicht den längsten kleinen Moment der Welt, standen die beiden nur so da und blickten sich in die Augen… Frau Honig betrat alsbald den Garten, um zu schauen, wie Mathilda mit dem Mäher zurechtkam. Sie bekam von den Dingen, die soeben geschahen nichts mit, stellte Mathilda fest. Doch wie war das möglich? Denn schließlich stand die Welt für einen Moment lang still! Das mussten doch einfach alle Menschen auf diesem Planeten bemerkt haben, dachte sie vergnügt.
„Oh, wie schön, ihr habt euch schon kennengelernt“, sagte Frau Honig ungezwungen. „Sascha hat ebenfalls Ferien und besucht mich für eine Weile, während meine Tochter und ihr Mann ihr Haus entrümpeln und für einen Umzug vorbereiten. Ich habe eine Idee Mathilda. Lass den Rasen heute einfach Rasen sein. Setze dich doch zu uns und genieße die selten Sonnenstunden mit einem leckeren Eis und netter Gesellschaft. Was hältst du davon?“
Völlig verdutzt stand Mathilda nun vor Sascha und war außer Stande auch nur ein einziges Wort hervorzubringen. Also nickte sie einfach kurz mit dem Kopf. „Schön, schön…“, sagte Frau Honig euphorisch: „Ich hole dann mal das Eis.“ Als die Hausdame sich herumdrehte, um in Richtung des Hauses zu verschwinden, sah Mathilda für den Bruchteil einer Sekunde ein Zwickern in dem Gesicht der Nachbarin.
Das Mädchen konnte förmlich spüren, wie die Hitze in ihren Kopf stieg…
Während des gesamten Nachmittags saßen die beiden Jugendlichen eher verlegen nebeneinander und aßen wortkarg ihr Eis. Immer wieder trafen sich ihr Blicke flüchtig. Mathilda fasste sich ein Herz, drehte sich zu Sascha und und fragte mit etwas dünner Stimme: „Hättest du vielleicht Lust mit mir morgen in die Stadt zu fahren, dass ich dir evtl. ein wenig die Gegend zeigen kann?“ In Saschas Gesicht entstand ein bezaubernd, breites Lächeln. „Ja, sehr gerne“
Von da an verbrachten die beiden beinahe jede freie Minute miteinander. Es dauerte nicht lange, da wurde Mathilda langsam das Herz schwer, da sie wusste, dass sie sich bald von diesem tollen Wesen verabschieden muss…
Dieser Tag kam viel zu schnell und es wurde der schwarzeste Tag, den sie bislang erleben musste…
Sie lag in ihrem Bett und konnte ihre Tränen nicht dazu überreden einfach zu versiegen. Auch dieser Zustand hatte keinen geringeren Anteil an ihrer schlechten Laune und die mangelnde Freude morgen wieder in die Schule zurückzukehren.
Am nächsten Morgen saß sie etwas abwesend an ihrem angestammten Platz in der hinteren rechten Ecke des Klassenzimmers. All der Trubel innerhalb des Raumes interessierte sie nicht weiter, denn dies war nie der Fall gewesen.
Sie beugte sich ihrem Rucksack entgegen und nahm sich das Taschenbuch heraus, welches sie immer zur Überbrückung der Pausen dabei hatte. Sie vergrub sich in die Wörter und Zeilen einer anderen Welt und schob erfolgreich die Welt und den kummer beiseite…
„Ist der Platz noch frei?“
Diese Frage, so nah an ihrem Kopf riss sie in unvermittelt aus der Pausenwelt. Erstaunt hob sie ruckartig den Blick und schaute sogleich erneut in die hinreißenden haselnussbraunen Augen, die sie den halben Sommer begleiteten.
Anscheinend wird dieser Sommer der beste Sommer überhaupt. Wer braucht schon den See oder das Wasser oder den Kiosk, wenn man bis zum Ende des Jahres jeden Tag in diese Augen schauen darf….

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