Das magische Bad
Text von Gipfelbasilisk
Margots Pastelllilafarbenen Haare wehten im Windzug ihrer eiligen Handlungen hin und her. Sie musste das Bad schnell bereiten. Sie hatte nur gehört, dass Leonora verletzt wurde, schwer verletzt und sie wären bald hier. Albert sagte nur irgendetwas von Feuer in seiner Nachricht. Verbrennungen also. Das Zimmer von dem Mädchen war wie gemacht für Heilungen. Margot hatte andere Spezialgebiete, Architektur zum Beispiel. Heilungsmagie zählte nicht dazu. Die gute Fee hatte dieses Fachgebiet nur belegt, weil es Voraussetzung war, um eine Herberge für außerweltliche zu eröffnen. Sie hatte im Garten eine Pflanze verzaubert, ein Becken zu wachsen zu lassen, in das sie Leonora bequem legen konnte. Der Himmel über Leonoras Außenbereich war düster zugezogen. Dem Mädchen musste es sehr schlecht gehen. Verbrennungen, welches Kraut half nochmal bei solchen Verwundungen? Es war zu lange her, dass sie hier menschlichen Besuch hatten. Margot erinnerte sich an früher, als Cinderella und ihren Mann hier zu gegen waren und das Haus voll von Kindern und Jugendlichen war. Aber das waren vergangene Zeiten, sie durften Leonora nicht verlieren. Der erste Besuch einer Außerweltlichen seit tausenden von Jahren und dann unter solchen Umständen. Die gute Fee eilte im Garten umher, ihre Flügel surrten durch die Luft, sie hatte verschiedenste Kräuter im Arm, aber waren es die Richtigen? „So ein Mist!“, fluchte Margot. Sie überlegte. „Ach das bringt doch nichts, deine grauen Zellen sind nicht mehr das, was sie einmal waren“ Sie flog in das Zimmer, das Mädchen hatte in den letzten Wochen so viel gelernt, das Regal hatte sich wie bei jedem Lehrling automatisch mit den passenden Büchern gefüllt. Margot strich über die Buchrücken. ‚Heilbäder bei schweren Verletzungen‘, hah da war es. Zum Glück ist Leonora so fleißig, das war schon höhere Heilungsmagie, um sowas zu erlernen brauchten andere Jahre. Sie blätterte die Seite für Verbrennungen auf und las. ‚Beinwell, Ringelblumen, Aloe-Gel‘ Margot lächelte, so verrostet war sie dann doch nicht. Sie hatte alles bis auf das Gel, die Pflanze zu überzeugen gemolken zu werden, würde aber Fingerspitzengefühl erfordern. Sie flog in den Garten zurück und warf die Kräuter ins Becken. Dampf stieg auf. Der Regenfarn hatte das Blatt inzwischen mit klarem duftenden Wasser gefüllt und die Feuerblume hatte es erhitzt. Sie konzentrierte sich auf das den schimmernden Sud und lies ihre Magie hinein laufen. Hoffentlich hatte Leonora genug Kraft. Heilmagie funktionierte nicht ohne die Hilfe des zu heilenden und zwingen wollte sie das Mädchen nicht, das würde mehr Qualen für das sie bedeuten. Ihr Blick schweifte zur Aloe vera, dieser Pflanzen musste man mit Sanftmut begegnen, erinnerte sie sich an die Worte ihrer Lehrerin.
Ihre Lehrzeit war so lange her. Sie streichelte dem Affodillgewächs sanft über die dicken Blätter. „Mein Mädchen, ich weiß du bist erst jung, aber sei so gut und lass dich melken, wir brauchen dein Gel.“
Die Pflanze zog ihre Laubblätter eng zusammen und Margots Handschuh blieb an einem der feinen Haken hängen und ein faden löste sich.
„Hey du widerspenstiges Ding ich habe dir nichts getan, sei so gut, es ist für deine Herrin.“ Margot lächelte, sie erinnerte sich an weitere Worte ihrer Lehrerin, sie schluckte ihren Ärger herunter und setzte erneut an: „Ich habe noch nie eine so schöne Aloe vera gesehen wie dich. Leonora muss sich wahrlich gut um dich kümmern, sonst wärst du sicher nicht so schön und saftig grün geworden.“ Margot merkte, wie sich ihre Blätter entspannten, und säuselte weiter: „Sehe ich da etwa den Ansatz eines Blütenstängels? So schnell. Du bist wahrhaft eine wunderschöne Pflanze. Wenn nicht sogar die schönste in diesem ganzen Garten.“ Sie hörte, wie hinter ihr einige Blumen bedrohlich raschelten, aber das sollte jetzt nicht ihr Problem sein. Die Aloevera entspannte ihre Blätter immer weiter, sodass Margot sie gleich melken konnte. „Darf die liebe gute Fee dir ein wenig deines Gels entnehmen, ich werde den Riss sofort wieder heilen, ich verspreche es dir!“ Sie spürte keine Gegenwehr, nahm ihr kleines Messer zur Hand und ritzte das fleischige Blatt ein. Sie zog mit ihrer Magie an dem Gel und ließ es in einem Bogen in das Wasser wabern. Zufrieden strich Margot über den Riss im Laubblatt der Aloe vera und schloss ihn. Sie bedankte sich nochmal und schwebte wieder ans Becken. Heilmagie lag ihr nicht. Die Natur hatte ihre Eigenheiten. Sie hätte das Blatt für das Gel abschneiden sollen, wie die Pflanzenteile der nicht magischen Pflanzen, aber sie wollte nicht Leonoras Garten verärgern, es war ihrer und nicht Margots, auch wenn er sich unter ihrem Dach befindet. Sie strich mit der Hand durch das duftende Wasser. Zuckte mit den Schultern und fügte für den Wohlgeruch ein bisschen Lavendel und Sandelholz dem Becken bei. Ein wenig mehr konnte nicht schaden. Der Sud fing an, in verschiedenen Farben zu glitzern, die Magie der guten Fee verband sich mit den Kräutern und alles begann sich zu vermischen.
Sie hörte, wie oben die Tür aufgerissen wurde und die aufgeregten Stimmen von Albert und Michael erklangen.
„Im Garten“, rief Margot ihnen entgegen.
„Gut, hast du alles vorbereitet?“, schrie der Teufel.
Ungeduldig wie immer, aber wer weiß wie schlimm es wirklich war. Dann kamen sie in ihr Blickfeld. Albert lief Blut an der Stirn hinab und Michael hielt sich die Linke Seite. An der Stelle an der sein Arm sein sollte, klaffte eine üble Verletzung. Am bösesten sah aber Leonora aus. Ihre Haut, sie war schwarz und wund. Nur kleine Flecken unberührten Fleisches leuchteten zwischen der Verheerung hervor.
„Was habt ihr gemacht, ihr wahnsinnigen?“
„Die Engelsgleichen, sie führen Krieg gegen uns, was denkst du, was wir getan haben? N Teekränzchen wars sicher nicht.“, blaffte Michael sie an.
„Kommt, legt sie hier rein, ich kümmere mich um sie, verarztet erst eure eigenen Wunden.“
Das Mädchen stöhnte nicht einmal auf, als sie das Wasser berührte. Margot spürte das sich ihr Geist schon mehr auf der anderen, denn auf dieser Seite befand.
Albert schlug die Hand der guten Fee weg, die sich gerade kümmern wollte.
„Ich mach das!“, knurrte der Teufel sie an.
„Hast du schon deine Kinderstube vergesse? Ich werde Leonora heilen!“, schrie Margot ihn an. „Du verarztest Michael oder vergisst du etwa, wie oft ich euch zusammengeflickt habe in den letzten Jahrtausenden? Ihr Teufel, denkt immer, ihr seid die Krone der Schöpfung. Ihr seid genauso arrogant wie die Engelsgleichen. Also ab mit dir und kümmere dich um deinen Mann, der Ärmste hat einen Arm verloren.“ Die Worte saßen. Der Fee taten sie im selben Augenblick leid, in der sie sie ausgesprochen hatte, aber es war die Wahrheit. Leonoras Wunden waren schlimm, Margot konnte sie heilen, da war sie sich sicher. Einen Arm wieder nachwachsen zu lassen, so hohe Heilungsmagie beherrschte sie nicht. Das konnte nur Albert.
Der Teufel drehte sich um und redete sanft und ruhig mit seinem Mann.
Die Fee trat ans Becken und schloss die Augen. Sie sprach die Zauber, die sie von ihrer Lehrerin für genau solche Augenblicke erlernt hat. Margot sah zufrieden wie die Kräuter und das Gel sich zu einer Masse verbanden und sich wie ein Schutzfilm um Leonoras Körper legte. Zum Glück war es nicht nötig die Reste der Kleidung in den Wunden entfernen, das würde der Zauber erledigen. Dann konzentrierte sie sich auf ihre Patientin. Das Mädchen musste mithelfen. Sie spürte mit ihrer Magie nach dem Geist der Verwundeten. Sie hatte schlimme Träume und ein Teil führe sie schon in den Tod, aber das würde Margot nicht zulassen. Leonora durfte diesen Weg nicht weiter beschreiten, sonst würde sie sterben. Die gute Fee nahm all ihren Mut zusammen und schlüpfte in Leonoras Traum.