In der Dunkelheit der Nacht
Christinchen Insta Twitch
CN: Vampire, Vampirbiss, Blut
Der Bass der Musik dröhnte laut in seinen Ohren, vibrierte durch seinen gesamten Körper. Menschen drängten sich dicht an dicht auf der Tanzfläche. Der Geruch von billigem Parfum wurde nur vom Geruch nach noch billigerem Alkohol und Schweiß überdeckt.
Es gab keinen Ort auf der Welt, an dem sich Askari gerade noch weniger gerne aufgehalten hätte und er hatte fast alle besucht. Doch er hatte einen Grund, der ihn auf diese Party lockte. Und während in einem schwachen Moment ein Haufen betrunkener Studenten in knappen Halloweenkostümen vielleicht reizvoll klang, war das nicht, was ihn heute Nacht hierher getrieben hatte.
Askari sog gierig die abgestandene Luft des Clubs ein. Er war hier, das roch er, das spürte er. Seine Haut kribbelte voller Sehnsucht, der Speichel lief ihm im Mund zusammen und gleichzeitig klebte seine Zunge trocken an seinem Gaumen. Er war hier.
Die Musik wurde schneller, die Menschen bewegten sich im Takt. Das Donnern der geballten Herzschläge um ihn herum war fast zu viel. Die Versuchung war zu groß, die Gier stieg in ihm auf und für einen Moment zögerte Askari.
Er schlängelte sich zwischen den tanzenden Menschen hindurch. Seine Nase, sein Instinkt leiteten ihn. Das leise Lachen, weich wie Honig, erfüllte seine Ohren und er merkte, dass er immerzu Kreise lief.
»Nicht lustig«, brummelte er.
»Oh, du hast keine Ahnung«, war die Antwort, die er erhielt. Die Stimme hallte durch seine Gedanken, ein sanftes Echo über dem Lärm der Musik.
Askari ließ sich treiben in der Menschenmenge, verschmolz mit den Körpern um ihn herum. Eine Hand an seiner Hüfte, ein Arm um seine Schulter, warmer Atem an seiner Wange. Spitze Zähne in seinem Nacken.
Askari wirbelte herum, doch das war niemand. Das Lachen schien im Raum um ihn herum zu hallen, von allen Seiten gleichzeitig zu kommen. Seine Sinne waren verwirrt, er konnte sich nicht auf sie verlassen, nicht wenn es um ihn ging.
Er spürte wie die Ungeduld in ihm aufstieg. Fest presste er seine Lippen zusammen, aber seine Eckzähne bahnten sich ihren Weg, erst das Kribbeln in seinem Zahnfleisch, dann das scharfe Zucken des Schmerzes als sie sich in seine Unterlippe bohrten.
Er leckte sich das Blut von der Lippe, doch nur Sekunden später presste sich ein gieriger Kuss gegen seinen Mund.
»Du treibst mich in den Wahnsinn«, murmelte eine Stimme, so vertraut, obwohl er sie so lange nicht mehr gehört hatte.
Askari schloss eine Arme um den Mann. Er wusste, dass es ihn nicht am Platz halten würde, nicht wenn der andere es nicht wollte, aber es gab ihm dieses kleine bisschen falsche Sicherheit, dass er ihn nicht direkt wieder verlieren würde.
»Hi«, flüsterte er leise und Samir lächelte sanft. Seine Augen waren dunkel, fast erschienen sie pechschwarz im Dunkel des Clubs. Das Licht der Lasershow über ihren Köpfen ließ sie immer wieder aufleuchten: Blutrot.
»Du hast mir gefehlt«, gab Askari zu. Ich habe dich auf der ganzen Welt gesucht, sagt er nicht.
»Ich hatte Dinge zu erledigen«, sagte Samir nur ausweichend.
Askari schüttelte den Kopf, er wollte gar nicht wissen, was das zu bedeuten hatte. Langsam bewegte er sich im Takt der Musik, presste sich so dicht an den anderen Mann, dass er die Wärme seines Körpers durch ihre Kleidung gespürt hätte, hätte er diese abgestrahlt.
Er wollte wissen, was Samir die letzten Jahrzehnte beschäftigt gehalten hatte, was ihn davon abgehalten hatte, ihn zu kontaktieren, wo er gewesen war, was er erlebt hatte, aber er wusste, dass er keine seiner Fragen stellen würde.
Nicht weil er keine Antwort erhalten würde, er war sich fast sicher, dass er eine bekommen würde, nur… er würde mit dem Wissen leben müssen und das wollte er nicht.
Er wusste, dass Samir kein guter Mann war, rein wörtlich gesehen, war er nicht einmal ein Mann, nicht einmal ein Mensch.
Als könnte er seine Gedanken lesen, pressten sich scharfe Zähne gegen seine Kehle, glitten seinen Hals hinab zu seiner Schulter, seiner rechten Schulter, immer seiner rechten Schulter.
Der Biss tat weh, jedes verdammte Mal. Der Schmerz als die Zähne seine Haut durchdrangen war kurz, das Brennen als sie dort verweilten und ihm langsam Tropfen für Tropfen seine Lebensenergie nahmen, hielt an.
Ihm wurde schummrig vor Augen, seine Sicht verschwamm. Askari spürte wie sich sein Atem beschleunigte, wie alles in ihm danach schrie sich zu wehren, sich zu bewegen, zu flüchten, irgendwas. Doch er konnte sich nicht bewegen. Dies war der Teil, den er vielleicht am meisten hasste: Der blanke Überlebensinstinkt, gefesselt in einem paralysierten Körper.
»Hmmm, du schmeckst so gut«, murmelte Samir leise als er sich endlich zurückzog. Er stöhnte als er sich das rote Blut von den Lippen leckte.
Seine starken Arme hielten Askari fest, hielten ihn aufrecht. Nur langsam ließ das Gift in seinem Körper nach. Mit einem lauten Keuchen zog er gierig die Luft ein, als seine Lungen wieder normal zu atmen begannen. Sein Herzschlag beruhigte sich. Seine Beine waren noch immer unstetig und zittrig, würden es auch noch eine Weile sein.
»Du solltest etwas essen«, sagte Samir, während sie sich langsam wieder im Takt der Musik bewegten. Askaris Kopf auf seiner Schulter, sein Blick in seinem Nacken versteckt.
Ja, dachte er. Er sollte etwas essen. Seine Eckzähne wurden länger, seine Augen leuchteten blutrot als er die Menschen um sich herum begutachtete.