Postkartenübung Die Grauen

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Foto von Kat Jayne von Pexels

Beschreibung der Postkarte

Auf der Postkarte sehen wir zwei Hände. Eine ist durch einen Lattenzaun gesteckt und reicht einer anderen Hand einen Strauß Blumen.
Das Zitat ist vom Dalei Lama und sagt: „Wenn du möchtest, dass andere glücklich sind, sei mitfühlend. Wenn du selbst glücklich sein möchtest, sei mitfühlend.“

Planung der Szene

Jemand auf der Suche nach Glück? Ich glaube, ich übernehme von dieser Karte nur das Bild, dass jemand einer anderen Person etwas durch ein Gitter/Zaun reicht. Vielleicht wirklich die Blumen. Ich möchte einen Kontrast haben. Die Blumen sollen das einzig wirklich strahlend Farbige sein in der Geschichte. Es würde in der Tat ein Gefängnis oder etwas ähnliches da als Bild passen. Alles grau in grau, jemand reicht einem Gefangenen durch den Zaun Blumen und zeigt ihnen gegenüber Milde? Welche Perspektivfigur? Ein Kind das am Zaun vorüber geht und in die traurigen Gesichter schaut. Gefängnis ja aber kein Gefängnis für Verbrecher, die Menschen da sind aus einem anderen Grund gefangen. Warum? <<< das lass ich den Text beantworten.

Szene

Eliza ging am Bach spazieren, ihre Mutter sagte immer, sie solle diesen Ort meiden, dort würden böse Menschen leben und wenn das kleine Mädchen nicht aufpasse, würden sie ihr alle Farben klauen. Aber Eliza hatte schon lange gesehen, dass an diesem Ort die schönsten Blumen wuchsen. Eine nach der Anderen pflückte sie an diesem wunderschönen Sommermorgen. Da wuchsen Blaue, strahlend Rote und Violette, die Violetten mochte Eliza am liebsten. Aber von dem Ort hielt sie sich dennoch so weit wie möglich fern. Unten am Bach konnte man gerade so, das graue Holz sehen, das in gleichmäßigen Abständen aus dem Boden ragte und ihre schöne bunte Welt von der Welt, der bösen Menschen abtrennte. Es jagte ihr immer einen Schauer über den Rücken, wenn sie die grauen Stehlen des Zaunes erblickte. Aber irgendetwas weckte in ihr auch Neugier. Niemand sagte ihr, was das für Menschen waren, die da in Gefangenschaft lebten. Sie seien böse, sagte man, sie würden Farben stehlen, sagte man. Aber wie konnte etwas oder jemand Farben stehlen? In der Schule hatte Eliza gelernt das Farben durch das Licht der Sonne entstehen würden, aber so ganz verstand sie das noch nicht. Eliza blickte sich um. Oben am Rand der Böschung wuchs eine besonders schöne violette Blume. Sie ging ein paar Schritte die Böschung hinauf, zögerte dann aber. So nah war sie den Ort noch nie gekommen, sie würde über die Böschung sehen können, direkt auf das Gefängnis. Sollte sie es wagen? Ihre Neugier überwog. Sie bewegte sich vorsichtig die Böschung hinauf und pflückte die Blume. Sie war so hoch, dass sie gerade so hinüber linsen konnte. Ein Blick würde sicher nicht schaden. Die Menschen dort konnten ihre Farben bestimmt nicht durch einen Blick klauen.
Der Ort, den ihre jungen Augen erblickte, war so anders, als alles, das Eliza bisher gesehen hatte. Die grauen Stehlen umzäunten einen grauen Hof, indem ebenso graue Menschen herum liefen. Ihre Augen blickten traurig suchend umher. Mal blieben sie an einem Stein hängen, schienen etwas zu erkennen, gingen zielstrebig darauf zu und hoben ihn auf. Dann wirkten sie auf Eliza fast glücklich, bis ihnen Tränen in die Augen stiegen und sie den Stein wieder frustriert wegwarfen. Dann setzten sie sich immer auf den Boden, wippten hin und her, nur um wieder aufzustehen und das Spiel ging von neuem los. Eliza verstand nicht, was da vor sich ging. In ihr regte sich Mitleid, sie wollte den grauen Menschen etwas gutes tun. Mutig hielt sie sich an ihren Blumen fest, ging auf den Zaun zu, streckte ihren Arm hindurch und hielt einer grauen Frau die wunderschöne violette Blume hin. Diese reagierte erst nicht, schaute umher, bis dann ihr suchender Blick, wie magisch angezogen, an der Blume hängen blieb. Die Frau lachte, es war aber kein fröhliches Lachen, sondern ein irgendwie tonlos trauriges Lachen. Sie bewegte sich schwankend auf die Blume zu, die Eliza durch den Zaun reichte. Wie in Zeitlupe griff sie nach der Blume.

In dem Moment wurde Eliza nach hinten gerissen. Die Blume fiel ihr aus der Hand und berührte den Boden. Die Frau in Grau hob sie auf und betrachtete sie fasziniert. Dann verlor Eliza die Frau aus dem Blick, denn ihre Mutter trat vor sie und begann sie mit einer Wuttirade zu überziehen. Eliza hörte aber nicht auf sie, sie versuchte zwischen den Beinen ihrer Mutter hindurchzusehen und nickte ab und zu ihrer Mutter zu oder bestätigte das Gesagte mit einem abwesenden hmmhmm. Dann sah sie wieder die Blume. Die Frau hielt sie fasziniert in der Hand. Andere graue Menschen, kamen immer näher an die Blume heran. Elizas Blick klebte an ihr. Dann geschah etwas. Die anderen Grauen stöhnten auf und die graue Frau, welche die Blume hielt, schloss die Augen. Die Farbe der Blume begann sich zu verändern, wurde von oben an Grau und begann scheinbar in den Körper der Frau zu laufen. Ihre Hände gewannen an Farbe zurück und sie betrachtete diese glücklich.
„Hat sie dich berührt? Eliza ich frage dich etwas? Hörst du überhaupt zu?“
Eliza blickte ihre Mutter mit Unverständnis in die Augen.
„Schau Mama, meine Blume hat ihr die Farbe zurückgebracht.“
Ihre Mutter warf die Hände über den Kopf und schrie: „Das interessiert mich nicht mein Kind, ich habe dich gefragt, ob sie dich berührt hat?“
Eliza überlegte, schüttelte den Kopf und schaute an ihrer Mutter vorbei.
Die Frau hielt die Hände erstaunt gegen die Sonne und betrachtete die Farben auf ihrer Hand. Dann zum Himmel. Sie betrachtete ihn, als ob sie ihn zum ersten Mal sehen würde. Dann verschwand die Farbe auf ihrer Hand wieder. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Wut und sie schrie auf. Rannte auf den Zaun zu und griff Richtung Blumen hinaus, konnte sie aber nicht erreichen.
„Siehst du, was du angerichtet hast, meine Kleine? Man kann ihnen nicht helfen. Ihr Glück, die Farbe zurückzuhaben, hält nur einen kurzen Augenblick.“
„Aber wenigstens habe ich was getan, ein wenig Glück und wenn auch nur für ein paar Sekunden ist doch besser, als gar keines!“