Raumschiffhavarie

Wandelndetote

CN: Verletzungen, Angst, Panik

»Ich habe mich nur selbst verteidigt«, sagte Junior Williams, er schrie schon fast.
In seiner Stimme konnte er Angst und Panik hören. »Das ist der fünfte Vorfall mit Ihnen Junior Williams und jedes Mal erzählen Sie mir, dass Sie sich nur gewehrt hätten«, fuhr James ihn an. Bisher konnte er Will dreimal heraus boxen, da die Beweislage zugunsten des Juniors lagen, einmal hatte er eine Schlägerei während einer Freizeitaktivität angefangen, jedoch wurde bisher nicht herausgefunden, was genau passiert war, denn es gab weder Kameras noch Zeugen und beide Parteien schwiegen dazu. James war die Räubereien leid, Junior Williams war erst seit einem Jahr an Bord und machte mehr Ärger als Ingenieur Sturlk, welcher sich immer wieder beschwerte, dass er nie den Maschinenraum verlassen konnte. Leider konnte dieser Wunsch aufgrund von zu wenig technischen Wissen nicht erfüllt werden. Nach drei Jahren im Dienst hatte dieser sich endlich damit abgefunden, was die Situation beruhigte, bis Junior auf die Perlmuth kam.

»Hölle, ausschlafen ist auch nicht mehr seit vier Tagen«, schimpfte Doktor Porres vor sich hin, als sie das zweite Mal an diesem Tag in den Maschinenraum stapfte. Alle anderen wussten schon, dass man sie besser in Ruhe ihre Arbeit machen ließ und besser nicht störte, wenn Porres unter Stress und Schlafmangel stand. Porres blieb vor dem Maschinenraum kurz stehen und atmete tief durch, lief auf die Tür zu und als sie hindurch, war, stand sie inmitten von Chaos. Der Maschinenraum kam einer kritanischen Disco gleich, überall blinkten die verschiedensten Warnlämpchen, aus einigen der herunter hängenden Schläuchen dampfte Kühlflüssigkeit heraus und vernebelte die Sicht. Porres hörte viele hektisch durcheinander rennen und rufen, dann kam auch schon Chefingenieur Kartam auf sie zu und führte sie in eine andere Ecke des Raumes. »Wie viele Verletzten haben wir?«, fragte sie, während sie sich zwischen weiteren Kabeln durch schlängelten.
»Leider mehr als mir lieb wäre«, knurrte Kartam vor sich hin.
In dem Moment sah sie diese schon am Boden liegen, drei von ihnen deuteten gleich hinüber zu einer Kollegin, die nur noch leise vor sich hin röchelte und sich sonst nicht bewegte. »Kartam, ich brauch Hilfe, sie muss so schnell wie möglich auf die Krankenstation, sonst stirbt sie!«, rief sie dem Chefingenieur durch den Lärm zu.
Dieser nickte und sammelte noch ein paar seiner Kollegen zusammen, damit diese mit halfen.
In der Zwischenzeit hatte Porres noch Hilfe und eine mobile Krankenliege über den Com verlangt. Porres legte den anderen Verbände an, untersuchte alle der Reihe nach und scannte sie mit einem mobilen Scanner. Als die Liege eintraf, wurde die Perlmuth noch einmal durchgeschüttelt und noch mehr Warnlampen und Töne machten sich bemerkbar. Schnell wurden alle Verletzten aus dem Maschinenraum entfernt. Viele stürzten andere oder rannten hinaus, um nach Feuerlöschern auf den Gängen zu suchen. Als die Letzten sich dem Trupp Richtung Krankenstation angeschlossen hatten, hörten sie noch, wie die Computerwarnmeldung losging »Warnung! Warpantrieb instabil, bitte evakuieren sie das Schiff!«.
Chefingenieur Kartam und Ingenieur Sturlk waren zurückgeblieben in der Hoffnung den Antrieb noch irgendwie herunterfahren zu können.
»Ich lass eben eine schnelle Analyse laufen, um herauszufinden, was genau zur Destabilisierung geführt hat«, meinte Sturlk und schoss zur nächstbesten Konsole, welche noch nicht beschädigt war.
»Alles klar ich werde versuchen, den Zufluss der Kühlflüssigkeit zu unterbrechen, damit wir mehr sehen und schneller arbeiten können«, schrie Kartam laut durch das Gewirr, der zischenden Kabel, in der Hoffnung Sturlk hätte ihn über die Warnung der Computerstimme hinweg gehört. Bei dem Chaos war die Kontrollkonsole ausgefallen, also musste er sich über ein anderes Bedienfeld in die interne Control einloggen, doch bis er das gefunden hatte, dauerte es.
Der Schiffscomputer hatte große Schäden abbekommen, da die ersten zwei Male sein Offizierscode nicht angenommen wurde. Gerade als Kartams code angenommen wurde und er freien Zugang zu den Systemen hatte, kam Sturlk angerannt. »Beeil dich, du musst ganz schnell in Lüftungsschacht zwei B auf Deck sieben, etwas hat die Plasmaleitung zerschossen und eine der Batterien ist leer. Ich werde ich das mit den Kühlrohren hier regeln. Wenn wir uns nicht beeilen wird das ganze Schiff explodieren«, drängte Sturlk ihn.
»Ist gut, aber beeil dich auch bitte«, erwiderte Kartam, öffnete vorsichtig eine Luke nahe der Tür und krabbelte mit dem Werkzeugkoffer hinein.
Sturlk war es kurz darauf gelungen, die leckende Kühlung zu verschließen und umzuleiten. Er ging zur Wand gegenüber der Luke und holte vorsichtig eine der Plasmabatterien heraus und reichte sie Kartam hinunter in den Schacht.
»Tah ghat tam mein freund«, mit den Worten machte sich Kartam auf den weg.

»Wie schauts aus? Muss ich euch denn alles aus der Nase ziehen?«, donnerte Captain James stimme kehlig und sauer über die Brücke. Jedes Mal musste er seinen Leuten jede einzelne Information aus der Nase ziehen, so eine schlechte Crew hatte er nur einmal gehabt und das war zu seiner Anfangszeit als Captain, weil sie ihn ärgern wollten. Aber diese Leute hier wurden ihm zugeteilt mit der Stufe kampferfahren, das musste ein schlechter Scherz sein. »Und wo bleibt die Med?«, knurrte er in seinen Com, in diesem Moment öffneten sich die Türen des Lifts.
Heraus trat Sicherheitschef Tarimal, er war komplett verdreckt. »Alles in Ordnung hier? Ich wollte nachsehen, die Perlmuth hat es sehr hart erwischt. Alles ist ausgefallen, die Com, Antrieb, Sensoren, Schilde, Waffen. Die Perlmuth ist ein Wrack und die Krankenstation ist mehr als überfüllt«, berichtete er, ohne Aufforderung sprechen zu dürfen.
»Was ist noch alles kaputt?«, fragte Captain James knurrig zurück.
»Ich bin mir nicht sicher, wenn wir die Technik wieder zum laufen kriegen kann ich ihnen mehr berichten Captain.«
»Tu das Tarimal, ich verlass mich auf dich«, erwiderte Captain James.

Kartam war endlich auf deck sieben angekommen, doch bei der schlechten Beleuchtung krabbelte er in die falsche Richtung und kam bei drei E an.
»Verfluchte Lüftungsschächte«, schimpfte er vor sich hin und machte sich auf den Rückweg. Momente später kam er bei Schleuse zwei b an und durfte erst mal mit der letzten verklemmten Hydraulikluke kämpfen, bevor sie aufging.
»Hölle, das ist ja grauenvoll, wer hat die denn erfunden?«, führte er sein Selbstgespräch weiter, öffnete eine der Wände und wurde eingenebelt.
Die Plasmazelle war komplett leer und eine Leitung ein Stück weiter war gebrochen. Kartam entnahm die leere Zelle und machte sich mit einem kleinen Schweißgerät daran, die gebrochene Leitung, nach dem er sie zurückgebogen hatte, wieder zusammen zu schweißen. Anschließend schnappte er sich behutsam die neue Zelle und setzte sie ein. Er war erleichtert, als das Licht von Alarm lila wieder in normales Blau wechselte und machte sich auf zurück in den Maschinenraum.

Derweil hatte sich Sturlk daran gemacht alle die ihm möglichen Kabel und Rohre wieder zu reparieren, gerade rechtzeitig ging das Licht wieder an. Die Alarme hörten auf und Chefingenieur Kartam kam gerade aus der Luke gekrochen.
»Ha gute Teamarbeit«, freute sich sein Kollege, kam grinsend auf ihn zu und half ihm aus dem Schacht.
»Na dann wollen wir mal gleich die Com testen und den Captain benachrichtigen. Ich würd auch gern wissen wie das hier passieren konnte, soweit ich weiß hatten wir kein Gefecht«, meinte der Chefingenieur.
»Gut dann wollen wir mal«, meinte Sturlk und drückte auf sein Handgelenk: »Hier Maschinenraum, Brücke können sie mich hören?«.
Beide warteten kurz, als nix kam, machte sich Sturlk nochmal über eine der Konsolen her um nachzusehen, woran es scheiterte. Kartam gab ihm ein Zeichen, er solle doch gleich einen Schiffsscan machen, um zu sehen, wo sie ihre Reperaturteams hinschicken mussten. Kurz darauf war der Scan abgeschlossen und die Com funktionierte wieder.
»Hier Maschinenraum kann mich jemand hören?«, fragte Kartam in den Kanal, zu beider Überraschung antwortete die Krankenstation.
»Maschinenraum? Na wenigstens gehen hier unten die Coms wieder, scheinbar aber nur auf Deck vier. Könnt ihr das fixen?«, kam es zurück.
Doktor Porres hörte sich erleichtert an aber auch müde und gestresst. Also machten sich beide daran, die Coms wieder auf schnellste herzustellen.

»Doktor Porres bitte…«
»Doc, bitte er stirbt noch…«, von allen Seiten gleichzeitig kamen Rufe von Verletzten.
»Warum hab ich mir den Beruf gleich nochmal ausgesucht?«, fragte sie sich selbst, während sie von einem zum nächsten Patienten hangelte. Darauf konnte nur sie sich eine Antwort geben und es ging auch nur langsam voran. Einige von den Schwerstverletzten müssten in die Regeneratoren, doch waren nur zwei davon an Bord der Perlmuth.
Da kamen fünf weitere Leute auf die Station gestürmt: »Doc! Können wir helfen, wir haben zwar nur wenige Kenntnisse aber, wenn sie uns Anweisungen geben wird das schon werden!«
Erleichtert nickte Doktor Porres den Helfern zu, damit hatte sie nicht gerechnet und sie konnte sich schon denken, wer dahinter steckte. Dafür würde sie die Jungs zum Abendessen einladen, dachte sie bei sich und danke ihnen im Stillen dafür, während sie Anweisungen an die Helfer ausgab. Dank der Schiffskameraden ging es schnell vorwärts und die Beschwerden verstummten allmählich.

James versuchte im Dunkeln etwas zu sehen, musste aber warten, bis seine Augen sich an die Schwärze gewöhnt hatten. Er war schockiert, als er seine Brückenoffiziere zum Großteil tot auffand. Im Stillen betete er, dass sein Gemotze nicht das letzte war, was sie hörten. Tatsächlich bereute James wie er sich als Captain aufgeführt hatte, vielleicht war es besser, seinen posten vorübergehend auf abzugeben. Den Platz des Captains in fähigere Hände zu legen als seine, damit kauerte er sich in einer Ecke zusammen und wiegte sich vor und zurück.
Als Tarimal mit weiteren Leuten zur Brücke zurückkehrte, war das Licht bereits wieder an auf den meisten Decks. Die Coms funktionierten immer noch nicht. Die Brücke selbst war noch komplett dunkel, hier und da wurde sie ein wenig erhellt von kleineren Feuern und Funken sprühenden Kabeln, welche wirr von der Decke hingen. Kurze zeit später hatten zwei aus dem Rettungsteam, welche unter anderem zum Reperaturteam gehörten, einige Leitungen umgeleitet und dann wurde es hell, als die künstliche Beleuchtung an ging. Der Anblick war schrecklicher als gedacht, normal hielt die Perlmuth und ihre Crew ziemlich viel aus, doch diesmal schien ihnen das Glück nicht wohl gesonnen. Es sah aus wie ein Schlachtfeld, sie teilten sich auf und suchten erst nach Überlebenden. Es sah nicht gut aus, die Steuermänner, die Navigatorin und noch einige andere wichtige Leute hatten ihr leben lassen müssen. Der erste Offizier war ins Koma gefallen. Ihren Captain fanden sie sich vor und zurück wiegend. Auch er reagierte nicht, wenn man ihn ansprach, also wurde er hochgehievt, um ihn auf die Krankenstation zu bringen.

Sternenkundige Mikhuni kam wieder zu sich, alles war dunkel und konnte fast nichts erkennen. Benommen sah sie sich um und versuchte, sich aufzurichten. Ein Schmerz schoss durch sie hindurch, etwas lag schwer auf ihrem Bein und klemmte es ab. Bei den schmerzen musste es wohl gebrochen sein, dachte sie bei sich und als sie etwas erkennen konnte, versuchte Mikhuni die schwere Platte von sich zu schieben. Nach drei versuchen hatte sie es endlich geschafft, ihr Bein war endlich frei. Aufstehen war nicht drin, daher robbte Mikhuni Richtung Aufzug und rief diesen. Die Türen öffneten sich, sie kroch hinein, befahl dem computer, den Lift auf Deck vier zu fahren und wurde ohnmächtig. Von fern hörte sie, dass sie angesprochen wurde, doch war es nur Stimmengewirr. Gleich darauf merkte Mikhuni, wie man sie packte und an ihr zog, danach wurde sie wieder bewusstlos.

Tarimal und Pierre kamen aus der Krankenstation um das Schiff nach noch mehr Verletzten zu durchsuchen, als sie den Lift bemerkten. Auf ihrem Deck hielt er an und waren überrascht die Sternenkundige dort zu finden. Schnell beeilten sie sich und zogen sie heraus, um sich wieder auf den Rückweg zur Krankenstation zu machen. »Mikhuni halten sie durch«, schrie Pierre laut, in der Hoffnung, sie könnte ihn hören.

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