Wolle die gesponnen wird auf sternenhintergrund - Titelbild zu Palandurwens Geschichte - Die wahren Opfer des Fluchs

Die wahren Opfer des Fluchs

Ein Text von ©Palandurwen zur Wpd? Aufgabe März 2025
Die Texte wurden nicht lektoriert und korrigiert und geben den Einsendungszustand wieder.

Contentnotes: Sterben (angedeutet), Romance

“Du hast was getan?”
“Schrei doch bitte nicht so laut!”
Hortensias zerknirschter Gesichtsausdruck passte nicht zu den tadelnden Worten. Ihr ohnehin schon zartes Erscheinungsbild wirkte gepresst und gekrümmt, ungesund verbeult irgendwie.

Anthea lief energisch den schmalen Seitenflur ab, 12 Schritte hoch, 12 wieder hinunter. Wie das Schlagen eines zornigen Metronoms hallte ihr Gang von den hohen Wänden und Decken wieder. Hortensia hatte aufgegeben, ihr hinterher zu eilen, war stattdessen auf halber Strecke stehen geblieben, sodass die andere Frau notgedrungen immer wieder an ihr vorbeistapfen musste.
“Es tut mir leid, wenn ich dir ein bisschen zu emotional vorkomme. Aber ich muss nicht jeden Tag verdauen, dass meine Freundin die einzige, die sehnlichst herbeigewünschte, süße, neugeborene Tochter unserer Königin und ihres Mannes verflucht hat!”
“Aus Versehen!”
“Das ist mir egal! Wenn das rauskommt, bist du tot! Verstehst du das?!”
“Sie würden wirklich eine Fee aufs Schafott schicken?”
Hortensia griff sich an die Kehle.
“Wenn du Schuld am Tod ihrer Tochter bist, würden sie dich auch vierteilen!"
“Oh, es tut mir so leid. Ich bin einfach ein solcher Tollpatsch!”
Tränen erstickten ihre Stimme, sodass Anthea sich zum Anhalten zwang und sich vor ihr aufbaute. Die Hände in die Hüfte gestemmt, betrachtete sie die jämmerlich wirkende junge Frau vor ihr. Mit einem unflätigen Schnarchgeräusch warf sie dann die Arme in die Luft und zog sie an ihre Brust. Hortensia aber verlor dabei das Gleichgewicht und die beiden Frauen taumelten gegen die grobe Steinwand.
Eine Weile waren nur leise Schluchzer und ein beruhigendes Gemurmel zu vernehmen. Dann folgte Stille.

“Vielleicht wäre es sogar besser, wenn sie-”
“Das will ich nie wieder von dir hören!”, schalt Anthea sie scharf, während sie sie an den Schultern von sich weg schob, sich ihre Finger aber gleichzeitig an Ort und Stelle in ihr Fleisch bohrten.
Die großen, violetten Augen, denen sie noch nie hatte widerstehen können, blickten sie glänzend an, entwaffnend offen, verletzlich. Keinen Tag würde sie auf dieser Erde weiter dienen, wenn sie nicht mehr wären.
“Komm her”, murrte sie und zog sie wieder in ihre Umarmung. Dann ließ sie sich an der Wand entlang nach unten gleiten, Hortensia immer neben sich und bettete ihren Kopf schließlich auf ihre Schulter.
“Erzähl mir jetzt einmal ganz in Ruhe, was du genau getan hast”

Die Stille des Raumes wurde von Hortensias leiser Stimme durchbrochen. „Es war so …“, flüsterte sie, und während sie die Augen schloss, verschwammen die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit vor Antheas Geist. Das war die Magie ihrer jungen Gefährtin. Und wenn sie einmal in ihrem Alter wäre, würde sie eine der mächtigsten Feen überhaupt sein, da war sie sich sicher. Doch noch hatte ihre Kraft eher sie im Griff als umgekehrt und machte sich leider von Zeit zu Zeit selbstständig. Darum war es, als würde sie der Jüngeren über die Schulter blicken und genau sehen, was geschehen war, während diese nichtsahnend berichtete.

“Ich war dabei, meine abendliche Meditationsübung durchzuführen. Diesmal war die Aufgabe, einen Fluch zu brechen. Und da habe ich mir den schlimmsten, der mir einfallen konnte vorgestellt …”
“Und ihn ausgesprochen?”
“Ja …”
Hortensia vergrub ihr Gesicht an der Brust ihrer Geliebten. Diese wiederum legte das Kinn auf ihren Schopf ab und atmete geräuschvoll aus.
“Es war so dumm … es tut mir leid!”
Anthea schwieg. Ihre Kehle war trocken und ihre Stimme hörte sich rau an, als sie die nächste Frage stellte.
“Wie lautete der Fluch?”
“Die Königstochter soll an ihrem 15. Geburtstag eine Spindel finden, sich an dieser in den Finger stechen und dann tot umfallen.”
Die Worte hingen erdrückend in der Luft.
“Bei den Elementen, da hast du dich nicht lumpen lassen …”
Ersticktes Kichern perlte aus Antheas Gewandfalten hervor, da, wo Hortensia ihre Nase gerade vergrub. Ihr Rücken bebte und zuckte, als sie hinab auf Antheas Schoß glitt und dort sich weinend zusammenrollte wie ein Ball.
Gedankenverloren streichelte die Ältere ihr über den Rücken.
Von außen betrachtet, war es ein Moment der Ruhe und des Trostes. Doch in Antheas Kopf rasten die Gedanken, stolperten übereinander und kamen nicht zum Ziel. Wie nur sollten sie das noch retten? Der Fluch war mächtig, ein regelrechtes Monster. Klar formuliert, terminiert, mit exakter Konsequenz. Wenn sie zu den dunklen Zauberinnen gehört hätten, wäre das eine prima Leistung gewesen.
Doch sie waren nun mal gute Feen. Wesen, die mit Licht arbeiteten und ihre Kräfte aus der Natur zogen. Dieser Fluch war das komplette Gegenteil. Und selbst wenn die Menschen niemals davon erfahren würden, so wusste Anthea, was ein solcher Spruch im Inneren einer Fee anrichten konnte. Es gab immerhin einen Grund, warum sie selbst als ehemalige Anführerin des Zirkels nun den 13. Rang bekleidete, obwohl sie die wohl mächtigste war. Dieser eine Fehltritt vor einigen Jahren wurde ihr schwer angelastet und nur um Haaresbreite hatte sie überhaupt bleiben dürfen. Wahrscheinlich eben weil sie über so starke Kräfte verfügte.
Doch Hortensia?
Sie schaute auf die rosa schimmernden kurzen Haare, die sich in süßen Locken auf ihrem Schoß kringelten. Ihre Finger spielten mit einer Strähne.
Dieses liebliche Geschöpf würde einen solchen Fauxpas niemals überstehen. Sie würden sie gnadenlos verstoßen.
Bei dieser Vorstellung wurde ihr eng um die Brust, als legten sich eiserne Riemen um sie, die sich heiß in ihr Fleisch brannten und immer weiter zuzogen. Das Atmen wurde schwer.
So weit durfte es nicht kommen.

“Wir sagen, dass ich es war.”
Hortensia setzte sich ruckartig auf.
”Das werden wir nicht tun!”
“Es ist die einzige Möglichkeit. Du kannst deinen eigenen Fluch nicht aufheben, also muss er noch einmal von einer anderen gesprochen werden. Dann kannst du ihn brechen. Oder zumindest abmildern.”
“Und dir dabei zusehen, wie sie dich für meinen Fehler umbringen?”
Anthea sah ihr lächelnd ins Gesicht.
“Du weißt, sie suchen schon lange einen Weg, um mich loszuwerden. Ich werde nur geduldet, aus Angst vor einer Vergeltung. Erlösen wir sie also endlich …”
Hortensia schüttelte verzweifelt den Kopf, so dass ihre rosa Locken heftig um sie herum peitschten.
“Das kann ich nicht von dir verlangen! Zwing mich nicht dazu!”
“Ich zwinge dich nicht und ich verlange nichts. Ich wähle dich. Und ich entscheide mich, es zu tun.”
Sie nahm das rundliche Gesicht in ihre Hände und betrachtete es eingehend, wollte es sich intensiv einprägen. Jedes kleine Haar. Jede kleine Lachfalte. Das Dreigestirn der Leberflecke auf ihrer linken Wange. Die frisch erblühten Lippen, welche sie versuchte vom Zittern abzuhalten, indem sie auf ihnen herumkaute.
Anthea beugte sich vor und gab ihnen einen besseren Halt. Wärme ergoss sich von der Stelle, an der sie sich berührten und durchzog kribbelnd ihre Gesichter, wanderte ihre Nacken hinab, immer weiter um die Oberkörper herum, bis sie schließlich ihre Herzen erreichte.
Hortensia schmiegte sich an die Frau mit den dunkelgrünen, seidigen Haaren an, zog sie innig an sich, versuchte alles von ihr in sich aufzunehmen, doch ihre Arme würden nie für ihre Größe reichen. Stattdessen grub sie ihre Hände in ihre Kleidung, ließ sie über ihren Körper wandern, bis auch sie schließlich den Weg zu ihrem Gesicht fanden.

Mit geröteten Wangen trennten sie sich schließlich aus ihrem Kuss. Antheas Lippen wanderten über Hortensias Gesicht. Es war feucht und schmeckte salzig.
Dann schlossen sie sich noch einmal in die Arme.

Eine kleine Ewigkeit lang kosteten sie diesen raren Moment Zweisamkeit aus, wohlwissend, dass es ihr letzter sein würde. Dann lösten sie fast gleichzeitig die Umarmung. Sie halfen einander auf und schauten sich in die Augen.
Fest entschlossen richtete sich Anthea zu ihrer vollen Größe auf, ordnete ihre Kleider, schob Hortensia eine wild abstehende Strähne hinter ihr Ohr und lächelte sie dann tapfer an.
“Wir sehen uns im Festsaal.”

Links zu den Videos:

Twitch: https://www.twitch.tv/videos/2439512381
Youtube: https://youtu.be/54_HqY9KtKo


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