Überschrift "Was das Grau war" über Bild von grauen Rauchschwaden auf Galaxyhintergrund

Was das Grau war

Von ©Inge SaintLaurent zur Wpd? Aufgabe April 2025

Die Texte wurden nicht lektoriert und korrigiert und geben den Einsendungszustand wieder.


Content Notes: Warten auf den Tod


Der Regen prasselte gegen die Fensterscheiben, der Tag war Grau. Grau wie der Teppichboden, die Vorhänge, das Zimmer, die ganze Stadt. Ein schmieriges Hotel in einem namenlosen Viertel. Weit weg. Weit weg von allem, niemand würde sie hier erwarten niemand ….

Viviane blickte von ihrem Notizbuch auf. Ein Geräusch? Oder nur der Regen? Die letzte Seite war aufgeschlagen, die letzten Worte. Ihre letzten Worte.
»Es ist soweit, heute oder nie« murmelte sie. Der Aschenbecher quoll über, die weißen Handschuhe lagen achtlos daneben, ihr Hut und Cape am Haken an der Wand. Weiß, das letzte Weiß hier im Zimmer, hier auf der Erde. Bevor …
Doch es gab kein Zurück, dies war der einzige Weg. Ihr letzter, ihre letzte Schlacht. Alle Figuren waren gesetzt. Alle auf null. Bis … eine fehlte, eine einzige. Der Schlüssel zu ihrem Plan. Zitternd zog sie an ihrem Zigarillo, die letzte Figur auf dem Feld. Die Allerletzte. Sie zog einen Kreis aus Qualm um die Worte, blies den Rauch langsam aus. Der letzte Zug. War es Ihr letzter Zug?
Andächtig legte sie den Zigarillo auf die Kante des Aschenbechers. Schaute dem Qualm zu, wie er ungerührt nach oben zog. Nach oben. Sehnsüchtig blickte sie zur Decke. Das oben. Das unten. Warum hatten sie es nicht verstanden? Ihre Warnungen, all diese Jahre. Und nun lag es an ihr, zu handeln, alles auf Anfang zu setzen einen Neustart zu erzwingen. Einen Neustart, der die alte Ordnung wieder herstellen würde. Beide Seiten klar trennte. Der langersehnte Frieden, zum greifen nahe. Es war so weit. Ihre zitternden Finger fanden den Stift, sie zog die Kappe ab. Musterte ihn lange. Ein roter Marker. Rot. Rot wie Blut, rot wie das Leben. Wusste dieser Stift, dass er ein Leben nehmen würde? War es ihm bewusst? Sie lachte. 

»Absurd, mein Geist spielt mir schon Streiche, ein Stift und Gedanken. Viviane, es wird Zeit, die Zeit …«
Mit klopfendem Herzen zog sie einen Kreis um ihre Worte. Legte den Stift beiseite, die Hände rechts und links neben das Buch. Hob den Kopf und blickte nach vorne, wartend, starr auf das Fenster auf den Regen, auf das Grau.
»Das Grau.« Vivianes Lippen zuckten. »Es gibt kein Grau.« Ihre flache Hand schlug auf den Tisch, ließ den Stift erzittern den Zigarillo von der Aschenbecherkante rutschen.
»Bleib ruhig!«
Die Augen, kurz geschlossen. Ein- und ausatmen. Aufstehen. Auf wackligen Beinen stand sie vorm Spiegel, ordnete sich die Haare, zog den Lippenstift nach. Nahm ihr Cape und den Hut vom Haken. Streifte sich die Handschuhe über. Im Rücken das Fenster, das verhasste Grau, mit dem alles angefangen hatte. Dieses Grau, dass es nicht gab. Dieses Grau das ihr Ende sein würde. Schwarz und weiß, ein Mantra in ihrem Kopf. Ein Mantra das ihren Kopf ausfüllte, ausleerte, sie wurde leer. Tränende Augen, alles floss aus ihr. Es musste so sein.
»Wo ist sie?«

Die Stimme erfüllte den Raum, sie ließ jede Zelle in ihr vibrieren. Leere. Nichts, was sie entgegensetzen konnte. Sie war leer, bereit.
Alles auf Anfang.
Sie hörte die Flammen, die Worte, die das Feuer malte, die Leben, die Gedanken. Dann nichts.
Null, Neustart.
Mit einem Lächeln auf den Lippen versank das letzte Weiß, zerfloss im Teppichboden zu einem alles beherrschenden Grau.

Links zu den Videos:

Twitch: https://www.twitch.tv/videos/2470502427
YouTube: https://youtu.be/TFdzxXPsx40


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